Die Bewegung ist die Kraft – Interview mit Delanna

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Delanna

Delanna ist eine Orientalische Tänzerin, die mittlerweile national und international sehr gefragt ist. Man bekommt den Eindruck, dass sie zwischen den verschiedenen Ländern und Tanzfestivals nur so hin und her jettet. Trotzdem kommt sie immer wieder zurück in ihre Wahlheimatstadt Osnabrück um dort ein ganz besonderes Tanzfestival zu organisieren – 360° Orient.
Ich nenne es besonders, weil Delanna immer wieder innovative Ideen hat, um das Festival zu bereichern. Ich bin sehr froh, dass sie auch immer den Mut hat, ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Aber lest selbst in dem folgenden Interview nach, was sie sich in diesem Jahr einfallen lassen hat.

Liebe Delanna, seit einigen Jahre organisierst du nun das Festival 360° Orient in Osnabrück. Wie bist du ursprünglich auf die Idee gekommen dieses Festival ins Leben zu rufen?

Diese Frage bringt mich dazu nachzudenken wie alles anfing. 🙂 Erlaube mir etwas nostalgisch zu werden. Denn wie es aussieht ist es meine 11. Veranstaltung…
Angefangen hat alles mit „Uni goes Oriental“ 2006… Mit der Idee, die Lehrer des UniSports zusammen zu bringen, um voneinander und miteinander zu lernen. Damals noch mit Anschreiben per Post etc. Zu diesen Lehrern gehörten auch z.B. Mellany Amar. Mit viel Enthusiasmus aber wenig (oder gar keiner) Ahnung ging es los und alles funktionierte bis auf die Show. Zum Glück war damals Sahela unser Stargast. Sie nahm alles in ihre Hand und rettete mit ihrer immensen Erfahrung die Show. Dann folgte Orient de Luxe mit Magdy´s Show, Uni goes Oriental die zweite, und erst danach startete 360° Orient, eigentlich mit der Idee „nur ein Stargast und ansonsten a lá Studioshow“. Bondok war der erste Stargast und vielleicht inspirierte er den Namen…  2012 lernte ich während der jomdance Ausbildung Angelina kennen. In Stockholm trafen wir Marta Korzun und beschlossen spontan eine gemeinsame Sache zu machen und neue dynamische Tänzerinnen aus Osteuropa zu holen. 360° Orient blieb als Name für die Show… 2014 veranstaltete ich wieder alleine. Name blieb, Idee auch…
Seit 2013 wächst das Festival von alleine, hat seine eigene Dynamik entwickelt… Ich versuche es sogar klein zu halten… Es klappt nur nicht.

Trotz vieler helfender Hände scheinst du den Großteil der Organisation selbst zu übernehmen. Wie schaffst du diesen ganzen Aufwand neben deiner Familie und deinem Beruf als Tänzerin?

Das Zauberwort ist Powernapping ;). Karriere-Familie-Festival ist ein Cocktail, der erst schmeckt, dann in den Kopf schlägt, so dass hinterher einem schlecht wird… hahahah… das ist mein Humor, Sorry! Genauso durchlaufen auch die Phasen. Euphorie. Arbeit. Arbeit. Noch mehr Arbeit. Verzweiflung. Augen-zu-und-durch. Schlafen. Ungefähr einen Monat bin ich durch und will von einer Wiederholung nichts wissen und dann geht’s wieder los… Ich kann nichts dafür :)))))) Und, im Ernst, ich schlafe 5-6 Stunden, versuche vor dem Kind wach zu sein, um zu arbeiten, genau so wenn die Kleine im Kindergarten ist, und wenn sie schläft. Da mein Mann in der Woche nicht da ist, ist Festival der beste Zeitvertreib und Ablenkung. Und am Wochenende, wenn ich in Fahrt gekommen bin, muss meine Familie mich aus dem Festival-Modus rausholen und zur Not den Strom ausschalten (das tut mein Mann vor dem Festival, wenn ich den Schlaf verweigere. :)))

Was gibt dir in der stressigsten Phase am meisten Kraft?

Für mich bedeuten die stressigsten Phasen die Phase des Anmeldestopps. Diese beginnt sie ungefähr 8 Wochen vor dem Festival und dauert ca. 4 Wochen. Wochen, Tage, Stunden und Minuten – als ob das Angebot niemanden interessiert und alles was ich mir sorgfältig überlegt und ausgesucht habe nutzlos ist – das ist das schlimmste für mich als Veranstalter. Kraft? Ich weiß es nicht… Es gibt nichts, was mir in dieser Zeit Kraft gibt. Ich finde mich mit dem schlimmsten ab und versuche es nicht zu zeigen (das letzte fällt sehr schwer und ich drehe meist etwas durch)… Der allgemeine Stress und die Arbeit herum sind für mich kein wirklicher Stress, es ist gewissermaßen Bewegung und ist einfach geil. Das ist wie eine Droge. Wenn Anmeldungen kommen und ich es nicht schaffe alles rechtzeitig zu erledigen. Damit komme ich sehr gut klar und gerade in dieser Zeit klopfen Freunde und Helfer an die Tür und manchmal reicht ein Abend zu dritt um in einem Stresshaufen wieder Licht zu bekommen. In Stressphasen bin fixiert, besessen und immer in Bewegung… Die Bewegung ist die Kraft und meine Motivation.

Nun zum Programm des Festivals. Wie suchst du dir deine Stargäste aus?

AleksejAuch hier bin ich gewissermassen spontan und verlasse mich auf mein Gefühl und die „Liebe auf den ersten Blick“. Der Künstler muss mich faszinieren, und ich muss an ihn glauben. Dann kann ich dahinter stehen und ihn/sie dementsprechend „verkaufen“. Aleksej habe ich aus dem Urlaub in Italien eingeladen, weil ich dort die Idee bekommen habe. Dariya mit einer SMS ungefähr so: „Lust auf Deutschland in 2016?“. Die Idee ist, junge und dynamische TänzerInnen der nächsten Generation aus Osteuropa und Russland einzuladen. Das ist für mich authentisch. Bei all meiner Liebe und Treue dem ägyptischen Stil gegenüber liebe ich den Drive, den mir der Russische Stil gibt. Die Mentalität und damit die Einstellung zum Tanz und zum Training ist eine andere und das reizt mich. Es gibt mir Energie und Motivation an mir weiter zu arbeiten und das möchte ich gerne teilen. ABER, die gerechtfertigte Kritik an der jungen Generation für die fehlende Tiefe der Kenntnisse, Wissen und Verständnis für den orientalischen Tanz lässt mich nicht unbeteiligt. Deswegen bin ich seit dem letzten Jahr bemüht, zusätzlich Stars einzuladen, die diese Lücke schließen können. Wenn ich dazu fähig wäre, mir darüber weniger Gedanken machen zu können, würde ich alles nur in meine eigene Fortbildung investieren, was mich wahrscheinlich das Gleiche kosten würde, und vor allem viel weniger Nerven. Für mich ist es aber nicht genug. Zusammen ist man weniger allein und in unserer Szene erst recht.
SahraEs ist schon etwas verrückt, denn ich fahre meist hinter den Künstlern her, bevor ich sie zu mir hole, um sich davon zu überzeugen, dass sie toll sind. Ich biete nichts auf meinem Festival an, was ich selbst nicht probiert habe. Sei es Workshops, Shootings, Kostüme… und wenn ich mit Künstlern arbeite, dann meist lange und produktiv :)))). Außerdem mag ich neue Entdeckungen. Vor zwei Jahren war Polina meine Entdeckung, heute tragen sehr, sehr viele Tänzerinnen aus Deutschland und weltweit ihre Kostüme. Letztes Jahr war das Diab mit Musik-Theorie-Workshop und Live Musik insgesamt. Dieses Jahr beschäftigte mich die Idee des Sponsorings für die Tänzerinnen der Opening Show, woraus sich ein Konzept entwickelte und, wie ich finde, zu einem gigantischen Erfolg führte. Zumindest bin ich mit dem Endergebnis sehr zufrieden.

All diese Stars können wir bei der großen Gala Show am Samstag Abend bewundern. Was macht deine Shows zu etwas Besonderem?

DarijaAuf den ersten Blick nichts. Wir haben eine Bühne, Lichttechniker, Künstler, ein Programm.. Alles wie immer… doch jedes Jahr erlebe ich etwas Eigenartiges. Es ist schön. Anders schön. Es gibt etwas, was man nicht beeinflussen kann, und das ist die Einstellung. Alle meine Künstler kommen mit der besonderen Einstellung und wollen gerade bei dieser Show ihre Bestleistung zeigen. Ohne Druck eines Mega-Festivals gelingt das doppelt und dreifach, denn die Künstler sind entspannt, das Publikum sehr dankbar, Osnabrück wartet ein Jahr auf dieses Ereignis und das ergibt eine besondere Wechselwirkung und Energie, über die ich gar nicht mehr viel sagen möchte (bin nämlich abergläubisch und bei uns heißt es, dass man das „verjagen“ kann. 😉

Du organisierst extra für die jüngeren Tänzerinnen die Show „Kids on Stage“ und hast viele deutsche Tänzerinnen eingeladen bei der Opening Show am Freitag Abend zu tanzen. Es sieht aus, als würde dir die Förderung des Tanz-Nachwuchses ganz besonders am Herzen liegen. Stimmt das?

Das tut es. Ich handele gerne nach dem Prinzip „Wenn du willst, dass man für dich etwas tut, dann tu das auch für die anderen“. Das ist mein Motto. Ich selbst wurde, wie es sich gehört (finde ich) in einem Workshop, verschwitzt, ungeschminkt aber glücklich und voller Liebe für Orientalischen Tanz von Magdy El Leisy entdeckt. Das ist in unserer Zeit kaum mehr möglich. Jede(-r) jagt blind seinen eigenen Erfolgs-Esel… Und, ich weiß es, ich tue es auch. Auf meinem Festival bin ich aber der Boss und genieße es, das vollkommen ausnutzen zu können. Dieses Jahr geht keine Tänzerin leer nach Hause. Wie jedes andere Festival auch decke ich vielleicht gerade Mal meine Kosten und kann auf keinen Fall für eine angemessene Gage sorgen. Aber ich gehe meinen Kopfschmerzen nach und erfinde Lösungen. Dieses Jahr hat die Anziehungskraft gewirkt (The Secret 😉 ) und alles ist zusammen gekommen… Ich freue mich darüber.
Kinderbauchtanz liegt mir seit Jahren besonders am Herzen. Und ja ich habe alles in die Wege geleitet, um den „Kleinen“ eine Bühnenerfahrung zu ermöglichen, ihnen, aber vor allem den Eltern, zu zeigen, dass BauchTanzen mehr als ein Hobby ist. Ich weiß, in Deutschland möchte man gerne das nur als Hobby betrachten. Aber gehen wir einfach mal weiter und nennen es Leidenschaft, Traum, etwas, was die Kids in 10 und 20 Jahren noch bewegen wird. Und das wird es! Da bin ich mir sicher. Unterstützen wir das doch und machen es nicht klein… Bei uns sind ca. 40 Kinder zusammen gekommen und sie werden das Festival auf eine andere Art und Weise eröffnen. Mit einem Hauch der nächsten Generation.

Bei deinem Festival geht es nicht nur um Shows und Tanzworkshops wie bei den meisten Festivals. Du bringst außerdem eine besondere Designerin und einen bekannten Fotografen nach Osnabrück. Wie kommst du auf diese Ideen?

Stichwort dazu ist Image. Bauchtanzen ist seit langem nicht mehr nur das Tanzen, es ist alles von Präsentation über die äußere Erscheinung bis hin zu den Essgewohnheiten (an dieser Stelle muss ich passen, bin nicht mal vegetarisch. Wäre vielleicht Idee für das nächste Mal :))))))). Kurz gesagt, eine Tänzerin hat viele Anforderungen zu erfüllen, um mitspielen zu können. Und auch das möchte ich gerne möglich machen, an einem Ort, an einem Wochenende. Ein wenig wie in Aschenputtel, die gute Fee kam und zauberte.. Es ist alles da, für einen Moment zugänglich, aber dann ist man in der Realität und muss den Rest selbst aufarbeiten. 360° Orient zeigt, dass alles möglich ist, gibt Energie, Motivation, Impulse. Was man daraus macht ist einem selbst überlassen, aber die Imagination, wie es sein kann, die bringe ich einmal im Jahr nach Osnabrück…

Neugierig geworden? Dann kommt nach Osnabrück zu 360° Orient, es ist eine Reise wert. 🙂

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